Eine heiße Tasse Tee, ein gemütliches Plätzchen auf der Couch und ein spannendes Buch – für manche Menschen gibt es keine schönere Vorstellung, denn Lesen ist ihre Leidenschaft. Wer sich selber zu den Leseratten zählt, kann sich stundenlang in den Geschichten der Buchseiten verlieren, fiebert mit den Protagonisten mit und trauert ein wenig um jedes ausgelesene Buch.
Doch nicht jeder Mensch kann diese Leidenschaft teilen oder überhaupt nachvollziehen. Für manch einen ist das Buch Sinnbild der Langeweile. Dabei bringt das Lesen neben der Unterhaltung so viele schöne Effekte mit sich: Es fördert den Sprachgebrauch, weckt die Kreativität, gleicht einem Gehirnjogging und baut Stress ab. Nicht nur deswegen ist es gerade für Kinder so wichtig, regelmäßig zu lesen. Wer als Kind seine Liebe zu Büchern entdeckt, wird sie auch als Erwachsener nicht verlieren.
Video: Bücher – Lesen ist reine Zeitverschwendung! | motzgurke.tv | SWR Kindernetz
Lesen: Unterhaltung und Intelligenztraining zugleich
Lesen fördert die kognitive und sprachliche Entwicklung von Kindern, das beginnt schon im Kleinkindalter. Natürlich können die wenigsten Kinder in diesem Alter schon lesen – hier geht es eher um ein gemeinsames Erzählen. Wenn Eltern mit ihren Kleinen in aller Ruhe Bilder- und Fühlbücher anschauen und ihnen Geschichten dazu erzählen, erfüllt das den gleichen Zweck. Kinder können dadurch neue Wörter lernen und üben sich auszudrücken. Sie lernen Bilder zu erkennen und auch ein visuelles Verständnis zu entwickeln.
Später kommen Vorlesegeschichten wie Märchen dazu – die Geschichten werden komplexer und auch die Kinder entwickeln ein besseres Verständnis. Wer seine Kinder mit Bilderbüchern und Vorlesen schon im Kleinkindalter an das Lesen heranführt, der wird sehen, dass sie auch später gerne und von alleine lesen werden. Wichtig dabei ist, dass sie in diesem Rahmen positive Erfahrungen machen und ihnen der Spracherwerb Spaß bereitet. So wird es ihnen auch später in der Schule leichter fallen.
Neben Vokabular, Satzbau und Ausdruck fördert das Lesen auch viele kognitive Fähigkeiten: Ausdauer und Konzentration sind nötig, um mehrere Passagen hintereinander zu lesen, vor allem für ungeübte Leser. Wahrnehmungs- und Merkfähigkeit werden gefordert, um alle wichtigen Personen und Handlungen im Gedächtnis zu behalten und um Zusammenhänge herzustellen, bedarf es logischem Verständnis.
Lesen fördert Empathie und soziale Kompetenz
Verstehen Kinder die Handlung, dann macht es ihnen auch Spaß sie selber weiterzuspinnen und eigene Geschichten zu erfinden. Ganz von selbst lernen sie, sich in ihre Lieblingsfiguren einzufühlen, was die Fähigkeit fördert sich in Mitmenschen und unbekannte Situationen hineinzuversetzen. Oft machen sie das ganz von alleine, weil es ihnen Spaß macht. Sie üben sich damit in Empathie, Kreativität und Vorstellungsvermögen. Eltern können das auch bewusst fördern, indem sie zum Beispiel die Geschichte beim Vorlesen an einer bestimmten Stelle unterbrechen und ihr Kind sich ein eignes Ende ausdenken lassen.
Hinzu kommt, dass vor allem Kinderbücher durch ihre Story eine Botschaft vermitteln wollen: Wie man sich gegenüber seinen Mitmenschen verhält, Fairness, Freundschaft, Ehrlichkeit und so weiter. Die Lieblingshelden werden zu Vorbildern und helfen Kindern sowohl den Stress des Alltags zu entfliehen, als auch schwierige Situationen im wahren Leben zu meistern. Denn mithilfe bekannter Geschichten können Kinder ihre eigene Umwelt besser einschätzen, sich eine Meinung bilden und schneller Lösungen finden.
Nicht nur bei Kindern werden vom Lesen positiv beeinflusst:
- Sprachentwicklung
- Wortschatz und Ausdruck
- Kreativität
- Vorstellungsvermögen
- Ausdauer und Konzentration
- Soziale Kompetenzen
- Die Vermittlung von Werten und Normen
Lesen und Bücher in Zeiten des Internets
Wissenschaftler vermuten, dass unsere Lesegewohnheiten durch das Internet verändert werden. Wer online liest, neigt dazu Texte eher zu überfliegen, von Absatz zu Absatz zu springen, nur bestimmte Stichwörter wirklich zu lesen. Hinzu kommen eingebaute Links oder Anzeigen neben dem Text, die viele Leser ablenken. Die schlimmsten Befürchtungen sind, dass dadurch das vertiefte und konzentrierte Lesen verlernt werden könnte. Dass Informationen nur noch oberflächlich aufgenommen und verarbeitet werden, ohne tiefgreifende Zusammenhänge herstellen zu können, da uns Informationen sowieso rund um die Uhr zugänglich sind.
Das heißt aber nicht, dass Bücher nicht mehr gelesen werden. In Deutschland sind sie immer noch ein wichtiges Medium. Laut einer GfK-Studie von 2016 liest gut die Hälfte der Befragten mindestens einmal pro Woche in einem Buch – zwischen Printausgabe und E-Book wurde dabei allerdings nicht entschieden. Eine aktuelle Umfrage des Digitalverbands Bitkom hakte da genauer nach: 23 Prozent aller Bundesbürger lesen digitale Bücher. In der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen sind es sogar 35 Prozent. Diese Werte seien in den letzten drei Jahren nahezu konstant geblieben. Einen großen E-Book-Boom hat es in Deutschland also noch nicht gegeben, dafür kommen mehrere Gründe in Frage:
Zum einen sind E-Books auf dem deutschen Markt fast genauso teuer wie die entsprechende Printausgabe, vor allem weil für gedruckte Bücher ein ermäßigter Steuersatz von 7 Prozent fällig wird, während auf E-Books 19 Prozent Steuern kommen. Eine Mehrheit von 63 Prozent bevorzugt außerdem das sinnliche Leseerlebnis bei gedruckten Büchern, andere lehnen das Lesen am Bildschirm ab.
Trotzdem sprechen viele Gründe für ein E-Book: Mit ihnen ist der gesamte Lesestoff ständig verfügbar, es ist diskret, leicht und nimmt wenig Platz weg. Daher können gerade E-Books auch für junge technikaffine Menschen einen Zugang zum Lesen darstellen.
Wie man Kinder zum Lesen motivieren kann
Zwischen Apps, Trickfilmen und Spielekonsolen scheinen Bücher oftmals ihren Reiz verloren zu haben. Auch für Eltern ist es manchmal einfacher, den Kindern das Smartphone in die Hand zu drücken, anstatt sie für ein Buch zu begeistern. Wer mit all diesen technischen Geräten aufwächst, lässt sich manchmal lieber von den schnellen bunten Bildchen verleiten als sich auf ein Buch mit eng bedruckten Seiten zu konzentrieren.
Video: Phonologische Bewusstheit: Diese Fähigkeiten erleichtern Kindern das Lesen- und Schreibenlernen
Gerade neben Fernsehen und Internet brauchen Kinder manchmal etwas mehr Motivation zum Lesen. Was kann Eltern dabei helfen?
- Das Lesen in den Alltag integrieren
Je selbstverständlicher Lesen für ein Kind ist, desto weniger Hemmungen wird es vor einem Buch haben – ganz gleich wie dick es ist, wie wenig Bilder es enthält oder wie klein die Schrift sein mag. Diese Selbstverständlichkeit entsteht schon ganz früh, zum Beispiel beim regelmäßigen Vorlesen im Kleinkindalter.
Kann das Kind selber lesen, dann helfen kleine Leseaufgaben im Alltag beim Üben: Schilder vorlesen oder Beschriftungen auf Alltags- und Gebrauchsgegenständen. Sie können sich kleine Botschaften schreiben.
Reden Sie auch über Gelesenes: Teilen Sie mit, was Ihnen selbst besonders gefallen hat, fragen Sie nach, wie Ihr Kind über den aktuellen Lesestoff in der Schule oder von Zuhause denkt und finden Sie so heraus, welche Geschichten ihm oder ihr besonders zusagen und zum Lesen motivieren. Hilfe dabei bietet auch die Stiftung Lesen mit ihren Leseempfehlungen. - Die Digitalisierung nutzen
Wie schon angedeutet, können E-Book-Reader Kindern und Jugendlichen einen neuen Zugang zum Lesen geben. Genau wie Tablets, Smartphones und Co. bringen E-Books den Reiz des Digitalen mit sich. Manchmal reicht das schon aus, um wieder für aufgeschriebene Geschichten zu begeistern. Auf digitalen Lesegeräten lassen sich oft auch Apps installieren mit Leseübungen für Kinder oder anderen Motivationstipps. In kindgerechten E-Books sind die Geschichten auch oft durch Spiele oder Rätsel ergänzt und bieten so etwas mehr Abwechslung. Andere gedruckte Kinderbücher können über eine App erweitert werden.
Vorteil für die Eltern: Zugriffsmöglichkeiten und Nutzungszeiten können über die Sicherheitseinstellungen von digitalen Geräten kontrolliert werden. - Einen persönlichen Bezug schaffen
Gerade Leseanfängern fällt es manchmal schwer, einen Draht zum Lesestoff herzustellen. Um in die Geschichte einzutauchen, braucht es einen persönlichen Bezug. Zum Beispiel wenn Mama, Papa oder die Geschwister das Buch gelesen haben und darüber erzählen.
Noch toller ist es, wenn die Geschichten von Mama, Papa oder anderen wichtigen Bezugspersonen geschrieben wurden. Erlebnisse aus der Kindheit, selbstausgedachte Geschichten oder Erzählungen über den Abc-Schützen selbst können zusammengetragen werden und z.B. online als eigenes Buch gedruckt werden. Das bedeutet für die Eltern natürlich mehr Aufwand als nur ein Buch zu kaufen, aber so ein individuelles Exemplar ist bestimmt für jedes Kind eine Motivation zum Lesen und ein lebenslanger Begleiter.
Bei interaktiven Geschichten werden die Leser in die Handlung mit einbezogen. An bestimmten Stellen im Buch muss eine Entscheidung getroffen werden, die den Verlauf der Story beeinflusst. Die Leser werden zum Teil der Handlung – und das Schöne: Da es unterschiedliche Entscheidungsmöglichkeiten gibt, gibt es auch unterschiedliche Geschichten, die alle in einem Buch stecken und entdeckt werden wollen. - Alternativen zum Buch
Manchmal ist es nicht das Lesen an sich, sondern eher das Image des alten, langweiligen Buches, das Kinder davon abschreckt. Dabei sind Bücher ja nicht der einzige Lesestoff, es gibt so viele Alternativen, die gerade junge Menschen eher begeistern können: Comics oder Magazine beispielsweise – diese sind oft auch kurzweiliger und verlangen dem Leser/ der Leserin nicht so viel Durchhaltevermögen wie ein Roman ab.
Andere Alternativen lassen sich auch wunderbar im Internet finden, so viele Seiten beschäftigen sich mit kinderrelevanten Themen, egal ob unterhaltend oder wissensvermittelnd. Ganz große Lesemuffel könnten Hörbücher helfen, um vorsichtig an den Lesestoff heranzuführen.
Bildnachweis:©: Shutterstock-Titelbild: Alexandru Marian -#01: Pressmaster-#02: Evgeny Atamanenko