Sollen Kinder im Ehebett schlafen? Kinderpsychologen sehen die großen Vorteile für die Entwicklung der Kleinen, doch es gibt zahlreiche Gegner des Co-Sleepings.
Kinder im Ehebett: In anderen Kulturen normal
Scheinbar sind die meisten Probleme der modernen Zivilisation hausgemacht. So auch die Frage, ob Kinder im Ehebett nächtigen sollen oder nicht. Während das in anderen Kulturen ganz normal ist und sich auch mit dem Schutz der Kleinsten in früheren Zeiten begründen lässt, stellen hierzulande nicht wenige Menschen diese Sache infrage.
So wird manche werdende Mama verunsichert, wenn sie sich eigentlich sicher ist, dass das Kleine bei ihr und dem Papa nächtigen soll: Wie soll das Baby dann lernen, durchzuschlafen und selbstständig zu werden? „Es wird euch auf der Nase herumtanzen!“ oder „Ihr werdet kein Leben als Paar mehr haben!“ sind nur zwei der gängigen Äußerungen, die von angeblich wohlmeinenden Verwandten, Bekannten oder allen anderen Personen, die oft nicht einmal dazu befragt wurden, zu hören sind. Aber was ist richtig?
Fakt ist, dass in vielen Kulturen das gemeinsame Nächtigen im Familienbett normal ist und dass Kinder nicht nur die Säuglingszeit dort verbringen, sondern sogar die ersten Jahre ihres Lebens. Das sorgt für Geborgenheit und eine enge Beziehung zum Kind. Auch hierzulande wäre es möglich und sogar besonders bequem auf großen Boxspringbetten, die weich und mit riesigen Ausmaßen im Handel erhältlich sind. Es lässt sich sogar feststellen, dass die Kleinen ruhiger schlafen, wenn sie bei Mama und Papa sind. Forscher haben herausgefunden, dass Babys sogar mehr Kalorien zu sich nehmen, wenn sie nachts bei der Mutter sind. Der Grund: Sie trinken häufiger an der Brust und nuckeln außerdem länger.
Das ist kein Problem, denn Mama schläft ja weiter! Ein großer Vorteil des Schlafens im Familienbett: Die Mutter braucht nicht aufzustehen, wenn das Baby Hunger hat. Die zusätzliche Nahrungsaufnahme lässt sich evolutionsbiologisch erklären, denn damit wurde das Kleine nicht nur rasch widerstandsfähiger und kräftiger, sondern es wurde auch sein Immunsystem gestärkt. Das längere Schlafen am Stück kommt von ganz allein, die Stillzeiten werden natürlich reduziert. Dies ist also kein Punkt, um den sich Eltern sorgen müssten.
Kinder im Ehebett: Das brauchen die Kleinen und die Großen
Kleinkinder brauchen die Nähe der Eltern, um sich wohl und geborgen zu fühlen. Schon direkt nach der Geburt hat es sich durchgesetzt, dass das Baby der Mama auf den Bauch gelegt wird. Warum sollte es danach entrissen werden und jede Nacht im eigenen Bett verbringen müssen? Das Kleine wird meist abends durch Geschichten und Singen in den Schlaf begleitet, vielleicht darf es auch beim Stillen einschlafen. Wird es dann nachts wach und die Mutter ist nicht da, kann das Baby in eine wahre Todesangst geraten.
Es wurde allein gelassen! Natürlich gewöhnt es sich an diese Situation oder besser gesagt, es resigniert. Was soll der Zwerg denn auch anderes tun? Früher einmal sicherte dieser Schutzmechanismus das Überleben der Kleinsten, sie kontrollierten durch mehrmaliges Aufwachen, ob sie immer noch beschützt würden. Dass es heute keine Säbelzahntiger und mordenden Stämme im Schlafzimmer gibt, weiß der Zwerg schließlich nicht.
Für die Eltern hingegen bedeutet der Alltag Stress, mit Kind noch einmal umso mehr. Sie wollen nachts ausruhen, wollen sich entspannen. Das geht am besten, wenn kein „aktiver Schläfer“ mit im Bett liegt, der mit den Füßchen strampelt, teilweise mit den Fäustchen um sich schlägt oder plötzlich anfängt, lauthals zu brüllen. Doch wer sein Kind in Reichweite hat, beruhigt es schnell wieder. Wenn die Experten vom Co-Sleeping sprechen, meinen sie damit nicht nur die positiven Auswirkungen des gemeinsamen Schlafens für das Baby, sondern auch für die Eltern. Wer erst aufstehen und ins Kinderzimmer gehen muss, dort das Kleine stillt und versucht, solange wach zu bleiben, bis der Zwerg satt und wieder eingeschlafen ist, verliert wertvolle Zeit, in der eigentlich geschlafen werden könnte.
Für Kinder, die besonders häufig nachts wach werden, werden teilweise Schlaftrainings empfohlen. Sie haben das Ziel, dass sich Mutter oder Vater schrittweise aus dem Schlafzimmer entfernen und die Schreizeiten des Kleinen immer kürzer werden. Doch das Kind verstummt damit wortwörtlich! Es findet sich damit ab, dass es allein gelassen wird, dass es sich auf seine Eltern nicht verlassen kann und schutzlos allen möglichen Gefahren ausgeliefert wird. Wenn es nicht gehört wird, warum soll es dann noch Energie ins Schreien stecken? Diese Ansätze aus der Kinderpsychologie sind längst bekannt und so stellt sich die Frage, warum überhaupt noch jemand so etwas seinem liebsten Schatz antun möchte.
Video: HILFE! Ehebett wird zum Familienbett
Das können wir nie wieder abgewöhnen!
Die meisten Kleinen schlafen die ersten eineinhalb Jahre bei den Eltern am besten. Sie zeigen deutlich, wenn sie Mutter und Vater nachts nicht mehr brauchen! Im Alter von ca. 15 bis 18 Monaten sind die Kleinen auch nachts abgestillt und beginnen, durchzuschlafen. Vielleicht wollen sie auch gar nicht mehr kuscheln, denn jetzt ist die Zeit gekommen, in der das Kind tagsüber sehr aktiv ist. Es macht seine ersten Schritte, krabbelt herum und entdeckt die Welt.
Es braucht zwar die Geborgenheit seiner Eltern, doch muss sich nachts wirklich erholen. Nun ist die Zeit gekommen, das Kind in sein eigenes Bettchen zu legen, das es bestenfalls vom Tage und vom Mittagsschlaf kennt. Dennoch sollte das Familienbett weiter offenstehen, denn wenn der Nachwuchs einmal schlecht träumt, gibt es nichts Sichereres, als in den „Familienhafen“ einzulaufen und sich dort einzukuscheln. Der Grundstein für eine vertrauensvolle Beziehung, die hoffentlich ein Leben lang hält, wird mit dem Schlafritual in der Kleinkindzeit gelegt.
Viele Familien kennen es nicht anders, als dass auch ältere Kinder bis ca. sieben oder acht Jahre noch ab und an zu Mama und Papa gekuschelt kommen, weil sie nicht einschlafen können. Und ist es nicht auch bei Erwachsenen so, dass sich diese bei einem Albtraum gern an den Partner kuscheln? Warum sollte dies einem Kind verwehrt werden? Die Zeit, bis das Kleine groß genug ist, dass es lieber für sich sein möchte, kommt schnell genug und die Babyzeit nimmt nur einen verschwindend geringen Anteil der Zeit bis zum Erwachsensein ein. Das sollten Eltern nutzen!
Vorteile des Schlafens im Familienbett auf einen Blick
Experten sind sich einig: Gemeinsames Schlafen bringt nur Vorteile. Es sorgt für mehr Geborgenheit und Nähe, für eine bessere Beziehung zwischen Eltern und Kind. Außerdem gilt es als Investition in die Gesundheit des Kindes, und zwar auf geistige und körperliche Art. Niemand muss das Schlafritual abgewöhnen, es verliert sich von ganz allein. Die Vorteile noch einmal auf einen Blick:
- Besserer Schlaf
Alle Familienmitglieder ruhen besser, wenn das Kleinste im Familienbett schläft. Sogar Geschwisterkinder haben eine ruhigere Nacht, denn die Evolution hat es so eingerichtet, dass diese ebenfalls einen leichteren Schlaf haben, wenn ein schutzloses Baby in der Nähe ist. Ist es aber bei den Eltern, muss niemand aufpassen und es wird auch niemand vom nächtlichen Geschrei wach. - Ähnlicher Schlafzyklus
Das nächtliche Aufwachen zum Stillen oder Fläschchen geben wird als weniger anstrengend empfunden, wenn das Baby im Familienbett schläft. Mutter und Kind entwickeln einen Schlafzyklus, der sich gleicht. Das heißt, dass die Mutter dann wach werden muss, wenn ihr Schlaf ohnehin gerade weniger tief ist. Außerdem lernt der mütterliche Körper, die Zeiten des Tiefschlafs noch intensiver zu nutzen. Ein wohl dosierter Hormoncocktail sorgt dafür, dass jeder zu seinem (Schlaf-)Recht kommt. - Leichtes Stillen
Spürt das Baby, dass Mama ganz nahe ist, muss es nicht einmal bei jedem Erwachen nuckeln. Es beruhigt sich auch so wieder, wenn es weder Hunger noch Durst hat, sondern einfach nur einen schlechten Traum hatte. Wird das Kleine gestillt, ist es im Ehebett besonders einfach, denn hier muss sich die Mutter nur zum Kind drehen, es in Position bringen und schläft schon wieder weiter, während der Zwerg noch nuckelt. - Nähe zum Papa
Meist kümmert sich die Mutter die meiste Zeit des Tages um den Nachwuchs. Vielleicht ist der Vater sogar wieder direkt nach der Geburt arbeiten gegangen und hat somit kaum Zeit für sein Baby. Schläft das Kleine nachts aber im Ehebett, kann es auch mit dem Papa kuscheln und erfährt ein Höchstmaß an Nähe zu diesem. Es lässt sich teilweise auch von ihm beruhigen, wenn es nicht gerade nuckeln möchte. Ein Plus für die Vater-Kind-Beziehung! - Geringeres Risiko
Vor einigen Jahren noch hieß es, dass das Risiko für den Plötzlichen Kindstod größer sei, wenn das Kleine im Elternbett schlafe. Doch die Wissenschaft konnte genau das widerlegen und redet heute vom genauen Gegenteil. Das Risiko wird sogar reduziert! Wer sich unsicher ist, nutzt ein Beistellbett und legt das Baby dort hinein. So kann es nicht unter die elterliche Decke rutschen und ist dennoch direkt greifbarer Nähe.
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